Schwierige Missionsreise des Papstes
nach Tschechien. Nur fünf Prozent sind praktizierende Katholiken.
Pilger aus den Nachbarländern sollen die Messen füllen.
Fot.Wikipedia
Paul Flückiger, Warschau (2009)
Nur ein paar Dutzend Gläubige haben es
trotz bester öffentlicher Verkehrsverbindungen am Samstagmorgen auf
den Flughafen Ruzyne unweit des Prager Stadtzentrums geschafft, um
Papst Benedikt XVI zu begrüssen. Darunter dürften auch polnische
Pilger gewesen sein, die kurz zuvor aus Warschau eingeflogen waren.
Während der Besuch des Oberhaupts der katholischen Kirche in der
Tschechischen Republik wenig Begeisterung auslöste, wurde er im
Nachbarland Polen von vielen Pilgerreisebüros beworben.
Tschechen und Atheismus
Benedikt XVI erinnerte in einer kurzen
Begrüssungsrede an die „samte Revolution“ und den Mauerfall
vor 20 Jahren. „Jetzt, wo die religiöse Freiheit wiederhergestellt
ist, rufe ich alle Bürger Tschechiens auf, die christlichen
Traditionen wiederzuentdecken“, sagte er auf dem Rollfeld und
forderte, die Kosten von 40 Jahren kommunistischer Unterdrückung
nicht zu unterstützen. Der Deutsche spielte damit auf die Tatsache
an, dass sich heute zwei Drittel der Tschechen als Atheisten
bezeichnen.
Allerdings sah dies noch 1990, beim Papstbesuch seines
Vorgängers Johannes-Paul II, anders aus. Sich als gläubig zu
bezeichnen, gehörte damals fast zum guten Ton; der Pole wurde
jubelnd empfangen. „Ohne Gott ist der Mensch nicht in der Lage, zu
verstehen, wer er ist“, warb Benedikt XVI laut der tschechischen
Nachrichtenagentur CTK. Staatspräsident Vaclav Klaus, ein Politiker
der die Katholiken früher höhnisch mit einem „Wanderverein“
verglichen hatte, bezeichnete Josef Ratzinger in einer eher kühlen
Begrüssungsrede als Intellektuellen von Weltformat und „eine der
grössten spirituellen Autoritäten“.
Fünf Prozent Katholiken
Der Papst hat sich ausgerechnet das am
meisten verweltlichte Land Europas für seine dritte Missionsreise in
diesem Jahr ausgesucht. Allerdings deckt sich Tschechien, wo sich nur
fünf Prozent als praktizierende Katholiken bezeichnen, mit
Ratzingers Ziel, Europa während seines Pontifikats zu
re-evangelisieren. Probleme wie das fehlende Konkordat und den seit
20 Jahren tobenden Streit um die Rückgabe der von den Kommunisten
enteigneten Kirchengüter will Benedikt XVI nicht ansprechen.
Dafür
sind am Sonntag und Montag Freiluftmessen in Brno (Brünn) und Stara
Boleslav geplant. In Brno sind dem Vernehmen nach die Hälfte der
200000 Plätze trotz Tausenden von Pilgern aus der Slowakei,
Österreich, Süddeutschland und Polen noch frei. „Wir erwarten
nicht, dass der Papst die Tschechen bekehrt, aber er wird sie
aufwecken und zu ihren Herzen sprechen“, gibt sich der Bischof von
Ostrava, Frantiszek Lobkowicz, in der polnischen Tageszeitung
„Rzeczpospolita“ realistisch.
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