Die
Krim-Krise bringt ein vergessenes Land ins Rampenlicht. Ähnlich wie die Ukraine will auch deren kleiner westlicher Nachbar
Moldau das EU-Assoziationsabkommen unterzeichen. Moskau sucht dies
mit allen Mitteln zu verhindern.
Paul
Flückiger, Warschau (2014)
„Weg
mit dem Faschismus!“ und „Nato schlimmer als Gestapo!“,
skandierten diese Woche Demonstranten in Chisinau. Ihre Wut galt
einem Nato-Informationszentrum in der moldauischen Hauptstadt. Und
die Slogans kommen spätestens seit dem „Referendum“ auf der
ukrainischen Halbinsel Krim bekannt vor. Dort wurde mit dem angeblich
faschistischen Regierungswechsel in Kiew für den Anschluss an
Russland geworben. Es erstaunt deshalb nicht, dass in Chisinau der
kommunistische Jugendverband und die von Kreml finanzierte NGO
„Eurasien - unser Mutterland“ den Protest organisierten.
Wenige
Tage zuvor hatte die Nato die Weltöffentlichkeit vor einer möglichen
Ausweitung der Krim-Krise auf ein Land namens Moldau gewarnt.
Eingezwängt zwischen Rumänien und der Ukraine fristest der ärmste
Staat Europas seit dem Bürgerkrieg von 1992 ein Schattendasein.
Damals spaltete sich definitiv der schmale, von Moskau unterstützte
Landstrich Transnistrien ab und konservierte damit die 14.
Sowjetarmee – rund 1500 Soldaten, die sich zumindest teilweise als
„Friedenstruppen“ zur Sicherung der Waffenstillstandslinie
aufspielen. Die regulären russischen Truppen zwischen der heute
pro-westlichen Ukraine und der ebenso EU-freundlichen Moldau kommen
Putin nun gerade recht.
Die
Nato warnt indes, Putin könnte versucht sein durch eine Invasion in
der Südostukraine eine Verbindung zwischen der Krim und
Transnistrien zu schaffen. Das Kiewer Verteidigungsministerium rüstet
sich gar für einem Angriff der 14. Armee auf die nur knapp Hundert
Kilometer entfernte Millionenstadt Odessa. Dazu kommen Meldungen über
Anschlusswünsche der Transnistrier an die Russische Föderation.
Letzteres
ist als einziges keine Spekulation, indes auch keine Neuheit. Die
rund 500 000 Einwohner des bisweilen nur 500 Meter breiten, autoritär
regierten Landstriches Transnistrien haben sich schon 2006 in einem
Referendum zu 97 Prozent für den Anschluss an Russland
ausgesprochen. „Wir wollen zu Russland, denn dort ist das Leben
besser“, begründeten auch vier Jahre danach im persönlichen
Gespräch viele Transnistrier. Nur hat das bisher keinen
interessiert, nicht einmal Russland selbst. Denn Transnistrien, das
eigene Einreisevisen ausstellt, eigenes Geld und eine eigene Armee
hat, wird nicht einmal von Moskau anerkannt. In der putzigen
„Hauptstadt“ Tiraspol unterhalten nur gerade Abchasien und
Südossetien eine Botschaft.
Doch
Putin hat sich in den letzten Tagen dennoch sowohl bei Obama wie
Merkel bitterlich über die „Blockade“ russischer Bürger aus
Transnistrien beklagt nachdem die Ukraine die Grenzkontrollen zum
Separatistengebiet verstärkt hatte. Zuvor hatte Moskau monatelang
mit andern Mitteln als der Trumpfkarte „14. Armee“ versucht,
Chisinau der EU abspenstig zu machen. Im September gab es wieder
einmal „Qualitätsmängel“ beim moldauischen Wein. Ein
Importstopp nach Russland war die Folge. Auch Gasschulden kamen zur
Sprache, denn wie die Ukraine ist auch die Moldau energetisch von
Russland abhängig. Zu guter Letzt versuchte die moldauische KP ein
paar regierungstreue Abgeordnete kurzerhand abzukaufen. Die
Unterzeichnung des EU-Assoziationsvertrags ist nämlich vor den
Wahlen im Herbst geplant. Geld, Gas, Faschisten oder Separatisten –
Putin wird schon etwas einfallen.
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