Poroschenko hat das Gesetz gegen
totalitäre Symbole unterschrieben. Die Ukraine bricht damit radikal
mit dem in Russland weiterhin gepflegten Sowjeterbe.
Paul Flückiger, Warschau (2015)
Der ukrainische Staatspräsident Petro
Poroshenko hat in der Nacht zum Samstag vier umstrittene
Gesetzesvorlagen unterschrieben, die einen völligen Bruch mit dem
Sowjeterbe bedeuten. Ab sofort drohen für sowjetische und
nationalsozialistische Propaganda bis zu zehn Jahre Haft. Ein
weiteres Gesetz, sieht vor, dass ukrainische Patrioten, darunter auch
anti-sowjetische Partisanen, die zeitweise mit Hitlers
Besatzungsregime in der Westukraine kollabierten, künftig als
Unabhängigkeitskämpfer geehrt werden. Zudem sollen endlich auch
alle Archive der sowjetischen Repressionsapparate geöffnet werden.
Unter das sofortige Verbot sowjetischer
Propaganda fallen auch die vor allem in der östlichen Landeshälfte
noch weit verbreiteten Leninstatuen sowie Monumente weiterer
sowjetischer Revolutionshelden, Gedenktafeln und Flaggen. Auch
sowjetische Strassennamen sollen abgeändert werden. Kulturminister
Wjatscheslaw Kirilenko kündigte am Samstag an, das Kiewer Museum des
Zweiten Weltkriegs würde nun neu konzipiert. Kiew war in der
Sowjetunion eine der wichtigsten Heldenstädte. Doch nach der
Maidan-Revolution hat sich die Ukraine der westlichen Sicht auf den
Zweiten Weltkrieg angeschlossen, der den Kriegsbeginn auf den
deutsch-sowjetischen Überfall auf Polen im September 1939 datiert
statt auf Hitlers Überfall auf die UdSSR im Jahr 1941.
Diese Sicht der Geschichte wie auch das
Gesetz gegen Sowjet-Symbolik hatte bereits während der
Parlamentsdebatte im April heftigen Protest aus Moskau provoziert.
Russland legt nämlich unter Putin wieder sehr viel Wert auf das
Sowjeterbe. Dieses pflegen auch die beiden pro-russischen
„Volksrepubliken“ im Donbass. Dort sind dereinst keine
Leninstatuen gefährdet, zumal sich die von Russland mit Waffen und
Personal unterstützten „Separatisten“ weiterhin gut halten. Am
Samstag töteten sie trotz des Waffenstillstand einen ukrainischen
Soldaten, drei wurden verletzt.
Poroschenko liess derweil in Kiew am
Samstag das EU-Sternenbanner vor seinem Präsidentenpalast hissen.
Nichts würde die Ukraine von ihrem Weg nach Europa abbringen,
versprach er. „Unsere wichtigstes Ziel ist, unsern Kindern das
Leben in einer Ukraine, die EU-Mitglied ist, zu ermöglichen“,
sagte Poroschenko. Kiew erhofft sich weitere wichtige
Integrationsimpulse beim EU-Ostpartnerschaftsgipfel von Riga Ende
kommender Woche. Auch Georgien und die Moldau drängen Brüssel zu
mutigen Schritten, um die ehemaligen Sowjetrepubliken endlich aus der
Moskauer Einflusssphäre zu befreien. Doch die EU tut sich schwer,
Putin wegen der Ukrainekrise auch noch hier Paroli zu bieten.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen