Der tschechische Staatspräsident Milos Zeman
verteidigt nicht nur vehement den Alkoholkonsum, er ist öfter selbst
bei hoch offiziellen Anlässen selbst beschwipst.
Paul Flückiger (2013)
Das tschechische Staatsoberhaupt torkelt in
einen gotischen Saal, sucht die nächste Wand und lehnt sich unsicher
an. Dann stiert Milos Zeman mit glasigem Blick auf die feierlich
präsentierten böhmischen Kronjuwelen. Die Bilder der Zeremonie vom
Mai haben selbst unter den bierseligen Tschechen für einiges
Aufsehen gesorgt.
„Ich war nicht betrunken“, behauptete Zeman
nun am Staatsfernsehen. Er habe eine starke Erkältung gehabt,
erklärte er. Die Wendeltreppe zum Kronjuwelsaal habe ihn bei einer
Fiebertemperatur von 39,2 Grad schwindlig gemacht, dazu sei noch eine
grosse Uebermüdung gekommen. „Seit vier Jahren habe ich zudem
Gehbeschwerden“, sagte Zeman in dem Fernsehinterview. Doch drei
Viertel der Tschechen nehmen ihm dies nicht ab.
Deshalb fühlte sich Zeman offenbar zu ein paar
Grundsatzbemerkungen über den Alkoholkonsum verpflichtet.
„Alkoholtrinken sei normal“, erklärte der Präsident vor ein
paar Tagen. Allerdings sollte man sich nicht betrinken, fügte der
als trinkfreudiger Lebemann bekannte Zeman an und wagte einer seiner
schillernden Vergleiche: „Adolf Hitler war abstinent, Nichtraucher
und Vegetarier und hat den Krieg verloren, während der britische
Premier Winston Churchill täglich eine Flasche Whisky, drei Flaschen
Champagner trank und acht Zigarren rauchte - und er hat den Krieg
gewonnen“, führte das Staatsoberhaupt aus.
Ausgerechnet Champagner, mögen sich
viele Zuschauer gedacht haben. Immerhin hatte die führende
Tageszeitung „Dnes“ Ende Januar inmitten des selten schmutzigen
Wahlkampfs mit Anschuldigen weit unter der Gürtellinie die Stichwahl
zwischen dem Linkspopulisten Zeman und dem adeligen Aussenminister
Karel Schwarzenberg als Wahl „zwischen Blaumann und Smoking,
zwischen Becherovka und Champagner“ bezeichnet.
Der heute 68-jährige Zeman ist in Tschechien
seit Jahren als trinkfester Lebemann und Sprücheklopfer bekannt.
Dass er damit eine würdige Figur im Ausland macht, bezweifeln indes
die meisten Prager. Doch Prag ist nicht Tschechien. Und unbeliebt
gemacht hat sich Zeman mit seinem neusten Zwischenfall auch nicht
wirklich. Konnte er die Stichwahl landesweit mit 55 gegen 45
Stimmenprozent für sich entscheiden, so ist heute noch fast die
Hälfte mit seiner hemdärmligen Amtsführung zufrieden. Beliebt ist
er vor allem bei Männern über Sechzig, auf dem Lande und unter den
Wählern der unreformierten Kommunisten. Wenig geschätzt wird bei
den Tschechinnen, Jungen, Gebildeten und Stadtbewohnern.
Geschätzt werden auch die Aehnlicheiten mit
dem Braven Soldaten Schwejk. Laut Meinungsforscher Jan Tucek schätzen
die Tschechen vor allem den „Spassfaktor“ an Zemans
Präsidentschaft. Die Mehrheit sei einfach gespannt, was in seiner
Amtszeit noch alles passiere, erläuterte Tucek der tschechischen
Nachrichtenagentur CTK. Und trotz gewissen Exzessen wünschen sich
drei von fünf Bürgern mehr Kompetenzen für den Staatspräsidenten.
Genau dies strebt Zeman auch an.
So setzte er gegen den
Willen des Aussenministeriums die Ehefrau seines Amtsvorgängers, des
nicht minder umstrittenen Vaclav Klaus, auf den wichtigen
Botschafterposten in der Slowakei. Er wolle sich damit für die
Wahlkampfunterstützung seitens des Ehepaars Klaus erkenntlich
zeigen, gibt Zeman dabei unumwunden zu. Damit treibt der
Linkspolitiker ein Spiel weiter, dass er bereits in den
Neunzigerjahren mit dem bürgerlichen Klaus eingefädelt hatten. In
dem so genannten Oppositionsvertrag“ vereinbarten die beiden
Politiker aus dem einstigen Dissidentenumfeld eine Aufteilung der
Interessenssphären bei den Privatisierungen. Wie
Klaus hält auch Zeman mit politisch unkorrekten Aeusserungen nicht
zurück. So verweigerte er jüngst die Ernennung eines homosexuellen
Literaturwissenschaftlers zum Professor. Im Wahlkampf trumpfte er mit
der anti-deutschen Karte auf. Hängen geblieben ist allerdings vor
allem dieser Spruch: „Alkoholiker ist nicht jener der trinkt,
sondern jener, der nicht zu trinken weiss“. Prost!
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