Schatzsucher wollen in Niederschlesien
einen Zug aus dem Zweiten Weltkrieg lokalisiert haben. Mitte August 2016 soll die Suche offiziell beginnen.
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Paul Flückiger, Danzig (2015)
Der Jüdische Weltkongress hat die
polnischen Behörden in der Nacht auf Samstag vorsorglich dazu aufgerufen, alle
Eigentums- und Erbrechte künftig entdeckter Gegenstände zu achten. „Sie könnten
von Juden gestohlen worden sein, die später in den Tod geschickt wurden“, sagte
dessen Vorsitzender Robert Singer in New York. Bei den Gegenständen, die den
WJC auf den Plan gerufen haben, geht es um Schätze aus einem legendären
Nazi-Goldzug, den je ein Pole und ein Deutscher vor knapp zwei Wochen in der
Nähe der niederschlesischen Grubenstadt Walbrzych (deutsch: Waldenburg)
gefunden haben wollen. Ein
Anwaltsbüro aus Wroclaw (Breslau) hatte darüber die Stadtbehörden informiert
und im Namen der Finder auch gleich zehn Prozent des Schatzes gefordert.
Polens oberster
Denkmalschützer, Piotr Zuchowski, hatte das Goldfieber Ende der Woche weiter
angeheizt, als er sich während einer Pressekonferenz „zu über 99 Prozent
überzeugt“ gab, dass die beiden Dutzende Meter unter der Erde tatsächlich einen
Panzerzug aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt hätten. Allerdings warnte er von
eigenmächtiger Schatzsuche, da dieser höchstwahrscheinlich vermint sei.
Genützt hat das
offenbar nichts. Am Samstag zeigte das Onlineportal der „Gazeta Wyborcza“ Fotos
eines von der polnischen Bahnpolizei kontrollierten VW mit Berliner Kennzeichen
auf einem Feldweg in der Nähe der vermuteten Fundstelle in Walbrzych. Die
Polizei verteile beim 65. Bahnkilometer Bussen für das unerlaubte Überschreiten
der Geleise, berichten die Reporter.
Seit Jahrzehnten
schon kursieren in der Gegend Geschichten über sagenhafte ungehobene Schätze,
das die Deutschen 1945 auf der Flucht vor der Roten Armee versteckt hätten.
Dabei soll es sich abwechselnd um Raubgold, Beutekunst, Geheimarchive oder auch
teils freiwillig von den Deutschen deponierte Wertgegenstände handeln. Sogar
das legendäre Bernsteinzimmer wird von einigen in den Tunneln und Stollen des
vom NS-Regime angelegten Komplexes „Riese“ vermutet.
Es sei
höchstwahrscheinlich, dass tief unter Walbrzych etwas verborgen liege, sagte am
späten Freitagabend Malgorzata Omilanowska. „Natürlich wünschen wir alle, dass
es ein Schatz ist, ich aber bleibe skeptisch“, meinte die polnische
Kulturministerin. Auch 70 Jahre nach Kriegsende bleibt viel deutsches Raubgut
aus Osteuropa verschollen.
Dieser Text ist im August 2015 in der NZZaS erschienen.
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